Entstehungsgeschichte der MP5

MP5 Namensgeschichte, frühe Entwicklungsstadien und die MP5 in der Frühphase


"HK 9": Die erste hausinterne Bezeichnung für das Entwicklungsprojekt war "HK 9". 

Die Zahl "9" bezieht sich auf das Kaliber 9mm x 19


1964: Aus "HK 9" wird "MP 64"

Der Name des Entwicklungsprojekts wurde von "HK 9" geändert auf "Projekt 64". Die ersten gefertigten Prototypen erhielten sinngemäss die Bezeichnung "MP 64". 

 

Abbildungen: MP 64

 

 

MP 64, Seriennummer 10003

 


Eine sehr frühe einschiebbare Schulterstütze. Aufgrund des "handgefertigten" Aussehens der Schulterauflage ist anzunehmen, dass es sich um einen Werksprototypen aus der Entwicklungsphase vor 1966 handelt.

Pos. 1 : Das Bodenstück hat bereits die Form der zukünftigen Serienfertigung

Pos. 2 : Die Form des Verriegelungsflügels unterscheidet sich masslich geringfügig von der späteren Serie

Pos. 3 : Die Laufschienen sind mit der Schulterauflage verschweisst oder verlötet

Pos. 4 : Die Schulterauflage scheint aus Blech geformt und sieht "handgefertigt" aus

Pos. 5 : Der Auflagegummi der Schulterauflage ist auf das Blechteil aufgeklebt

 


Die Griffstücke der Prototypwaffen und der Waffen der ersten Serie (bis 1973/74) waren unten geschlossen.


1965: Aus "MP 64" wird "HK 54"

Namensänderung im Jahr 1965 zu "HK 54"gemäß dem internen Waffenklassifizierungssystem von Heckler&Koch:
Erste Zahl bezeichnet den Waffentyp: 5 = Maschinenpistole
Zweite Zahl bezeichnet das Kaliber: 4 = 9mmx19

 

Abbildung: HK 54


1966: Aus "HK 54" wird "MP 5"

 

Abbildung: Vorserie bzw. Nullserie MP5

Die abgebildete Waffe repräsentiert die Vorserie und damit die letzte Entwicklungsstufe der HK 54 / MP 5 unmittelbar vor der Markteinführung. Sie unterscheidet sich äusserlich im Wesentlichen nur noch in zwei Details vom späteren Serienmodell. Zum einen wurde die Ausformung des Magazinschachts von den vorangegangenen Prototypen übernommen. Zum anderen verfügt dieses Exemplar im Gegensatz zu den vorgängigen Prototypen über einen Sling Clip. Während dieser Clip in der Vorserie noch angeschweißt wurde, erfolgte die Befestigung beim Serienmodell mittels Nieten am Magazinschacht.

 

Detailansicht:

  • Ausformung der Sicke/Verstärkungsstruktur auf dem Magazinschacht von den vorgängigen Prototypen übernommen.
  • Sling Clip angeschweisst (später dann genietet).

Im Vergleich: Detailansicht der definitiven Konstruktion.

 

 

Wie die MP5 zu ihrem Namen kam

Ab Mitte der 50er und Anfang der 60er Jahre bestand bei der Bundeswehr und dem Bundesgrenzschutz (BGS) ein konkretes Bedürfnis nach modernen und zuverlässigen Waffen, um die Kräfte für die Anforderungen des Kalten Krieges und der NATO-Einsatzkonzepte auszurüsten. In diesem Kontext meldete Heckler&Koch die MP54 beim Materialamt der Bundeswehr zur Prüfung an, um eine technisch fortschrittlichere und leistungsfähigere Maschinenpistole als Alternative zu den zuvor eingesetzten Modellen anzubieten.

 

Die seinerzeit auf der Auswahl- bzw. Zulassungsliste des Materialamtes erfassten Maschinenpistolen waren:

Beretta 38/49 (MP1), Uzi (MP2), Walther MP-L (MP3), Walther MP-K (MP4).

 

Nach bestandenen umfangreichen, harten und langwierigen Tests wurde die HK54 schliesslich offiziell als fünftes Maschinenpistolenmodell (MP5) in der Auswahl- bzw. Zulassungsliste des Materialamtes der Bundeswehr erfasst.

 

An dieser Stelle ist zu bemerken, dass insbesondere der Bundesgrenzschutz (BGS) mit seinen "Technischen Lieferbedingungen (BGS/TL 0105)" klare und präzise Anforderungen an die Maschinenpistole stellte, welche die Entwicklung und Konstruktion der MP5 massgeblich beeinflusste.

 

Die erfolgreiche Zulassung durch das Materialamt verschaffte Heckler&Koch zwei erhebliche Vorteile:

 

  1. Die amtliche Zulassung war eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die MP5 von der Bundeswehr, dem Bundesgrenzschutz, dem Zoll sowie Polizei- und Sicherheitsbehörden als modernes Dienstgerät übernommen werden konnte.

 

  1. Die Bezeichnung „MP5“ wurde (eher zufällig in der Zusammenarbeit mit den Behörden) erschaffen. Mit feinem Gespür hat Heckler&Koch im Jahr 1966 die Bezeichnung „MP54“ bewusst zugunsten der Bezeichnung „MP5“ aufgegeben, um einerseits die Position der Waffe in der Liste der getesteten Maschinenpistolen hervorzuheben und andererseits die Vermarktung mit einem einfacheren, markanteren und einprägsameren Namen zu erleichtern.

 

In Absprache mit den deutschen Behörden, die auch die ersten Käufer der Waffe waren (Bundesgrenzschutz und Polizei), wurde 1966 der Name schliesslich von "HK 54" zu „MP 5“ geändert.

 

Gemäss HK-interner Dokumentation (Protokoll vom 7.7.1966) ist die eigentlich richtige Schreibweise "MP 5". Die "5" sollte also separiert sein. Ich werde in den Texten dennoch die heute eher übliche Schreibweise "MP5" verwenden.

 

Die abgebildete Broschüre ist von 1966.


1966: Die definitive Form bzw. Konstruktion der MP5 bei Markteinführung

 

Abbildung: MP5 bei Markteinführung

Die MP5 in der ab 1966 definitiven Form. Das Magazin zeigt das Datum 9/67. Die Aufnahme macht einen authentischen Eindruck und die Waffe dürfte somit effektiv aus dieser Zeitspanne stammen. Diese MP5 zeigt alle Attribute einer frühen, also ab 1966 und vor 1973/74 produzierten Waffe: Gehäuse Oberseite flach, Oberfläche parkerisiert (also ohne Farbauftrag), konkave Schaftkappe, Griffstück unten geschlossen, dreieckige Formvertiefungen auf Griffstück entsprechend einer vor 1973/74 hergestellten Waffe etc.. Das einfachste Erkennungsmerkmal einer vor 1973/74 hergestellten MP5 ist aber sicher das oben flache Gehäuse, also ohne Montagepunkte für Zielhilfsmittel.

 

Der Deutsche Bundesgrenzschutz war der erste Abnehmer der damals brandneuen MP5. Die niedrigste an den BGS gelieferte MP5-Seriennummer war 11001. Heckler&Koch reservierte den Nummernblock für weitere Lieferungen an den BGS bis zur Seriennummer 30000.

Die mir anhand von Fotobeweisen bekannte Seriennummerspanne der seriell gefertigten MP5 von 1966 - 1973/74 ist: 1966 Dezember 35823 bis 87062.

Die effektive Seriennummerspanne dürfe sich also von 1966 bis 1973/74 im Bereich 11001 bis Region 87062 bewegen.

 

1973/74 erfuhr die MP5 eine umfangreiche Überarbeitung. Mehr dazu im Kapitel Technische Änderungen über die Jahrzehnte und Datumsangaben, Date Codes und Seriennummern

 

Die MP5 wurde von Anbeginn an in den Varianten A2 (HK MP5 A2, feste Schulterstütze) und A3 (HK MP5 A3, einschiebbare Schulterstütze) angeboten. Die Behörden favorisierten längere Zeit die mit der festen Schulterstütze ausgerüstete MP5. "A" steht überdies für Ausführung.

Die einschiebbare Schulterstütze erlangte erst später grössere Popularität. Heutzutage darf die verkürzbare Variante, also A3, als Standard gewertet werden. 

Es existiert zusätzlich auch die Variante A1 (HK MP5 A1), welche anstelle einer Schulterstütze lediglich über eine Abschlusskappe verfügt. Diese Variante tritt aber so gut wie nie in Erscheinung und wird auch in den klassischen MP5 Kurzbeschreibungen nicht aufgeführt.

 

Auf diesem Bild (entstanden in der Türkei) sieht man eine vor 1973/74 gefertigte HK MP5 A1, also mit Abschlusskappe. Es ist das bislang einzige historische Foto, welches ich gefunden habe, welches eine MP5 A1 zeigt. Die Abschlusskappe auf dieser Aufnahme ist ein frühes, aus Metall gefertigtes Teil. Später wurden die Abschlusskappen aus Kunststoff gefertigt. 

Es ist übrigens zu erkennen, dass zwei gerade Magazine mit Tape gekoppelt sind. 


Sehr frühes Instruktionshandbuch (1968) zur MP5:

(Bild anklicken für Vergrösserung)


Die Kurzbeschreibung (siehe unten) ist zwar bereits von 1973 (also von 7 Jahren nach der Einführung). Aber die Broschüre zeigt dennoch auf Seite 3 die MP54 / MP5, wie diese 1966 eingeführt wurde.

 

 

Dies ist eine vergrösserte Darstellung der MP5 aus der oben gezeigten Kurzbeschreibung. Obwohl diese Kurzbeschreibung von 1973 stammt, wurde noch die MP54 / MP5 von 1966 zur Illustration verwendet. Abgebildet wurde also die letzte Entwicklungsstufe der Vor- oder Nullserie von 1966, was man bei genauer Betrachtung der Ausformung der Sicke/Verstärkungsstruktur auf dem Magazinschacht erkennen kann.


Die Seriennummer 35823, 12/66, ist die bisher tiefste Nummer, welche ich an einer seriell gefertigten MP5 gesehen habe (Fotobeweis). Herstelldatum ist Dezember 1966. Also im gleichen Jahr des Verkaufsstarts. 

Bemerkung: Nach "Kal" wurde noch kein Punkt angebracht. 

Bei der Markierung zwischen Seriennummer und Fertigungsdatum gehe ich davon aus, dass es sich um eine stilisierte Form des Beschusszeichens (Proof Mark) handelt. 

Gemäss Fachliteratur sei die tiefste 5stellige Seriennummer für die MP5 11001. 

 

Lauf und Gehäuse von 35823: Die Oberfläche war bei den frühen MP5 lediglich "parkerisiert" und noch nicht farb- oder anderweitig oberflächenbeschichtet.

 

Mit Herstellungsdatum 3/68 auch eine sehr frühe MP5. Speziell: Die Waffe hat keine Seriennummer auf der Gehäuseoberseite (eventuell Photoshop?).

Die Oberfläche ist nach wie vor "parkerisiert". (Bemerkung: Nach "Kal." ist jetzt ein Punkt angebracht.)

Es handelt sich um eine Waffe, welche in England deaktiviert wurde. Deaktivierungsstempel: Zwei Schwerter und die Buchstaben "D" und "A". 

 

 

Eine weitere sehr frühe MP5: Date Code ist 7/70, also Juli 1970, mit Seriennummer 81xxx. Die Waffe ist im Originalzustand, also mit den zeitlich korrekten Anbauteilen wie Handschutz, Griffteil, Magazin und Schulterstütze. 

 

Eine weitere "frühe", also 1973 oder vorher gefertigte MP5.

Die Waffe trägt den Handschutz "schlank", aber zweite Ausführung : Der Ausschnitt um das Stiftloch des Handschutzes ist L-förmig und nicht U-förmig.

Bemerkung: Diese Waffe sollte eigentlich mit einem geraden Magazin bestückt sein. Kurvige Magazine wurden erst 1976 eingeführt. 

 

 

Eine MP5 mit Fertigungsdatum September 1973. Man erkennt deutlich, dass die Oberfläche "nur" parkerisiert ist. Also ohne farblichen Überzug. 

 

Auch erkennt man, im Vergleich zu den weiter oben und damit "älteren" abgebildeten Waffen, dass Region 1973 die oberen Dreiecksvertiefungen beidseitig am Abzugsgehäuse (also auf der linken und auf der rechten Seite) verkürzt wurden. 

 

Diese im September 1973 gefertigte MP5 hat noch keine Montagepunkte für Zielhilfsmittel auf dem Verschlussgehäuse.  

 

 


Ausschnitt aus einer sehr frühen Werbebroschüre aus den USA, vermutlich nach Region 1976 (aufgrund der kurvigen Magazine an den MP5 SD). Interessant ist, dass die Abbildungen der MP5 A2 und A3 die älteren Varianten ohne Montagepunkte für Zielhilfsmittel zeigen, wogegen die MP5K und die MP5SD bereits mit Montagepunkten bestückt sind.

Klicke auf das Bild für eine vergrösserte Darstellung.

 

Da in den USA ab 1968 aufgrund des «Gun Control Act of 1968» keine neu importierten vollautomatischen Waffen (Machine Guns) an Zivilpersonen verkauft werden durften, richtet sich das Angebot in dem Prospekt ausschliesslich an Strafverfolgungsbehörden bzw. Regierungsorganisationen.


MP5 von Mitte der 70er Jahre. Diese MP5 ist jetzt mit den Montagepunkten auf dem Gehäuse bestückt und wurde somit im Zeitraum nach September 1973 gefertigt.

Interessant: Die metallischen Teile (Verschlussgehäuse etc.) der abgebildeten Waffe sehen jetzt eher "schwarz" aus. Das lässt darauf schliessen, dass Heckler&Koch die ursprünglich lediglich parkerisierten und daher metallisch aussehenden Oberflächen im Sinne eines Entwicklungsschritts zusätzlich mit einen Lacküberzug versehen hat.

 

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Finde ein weiteres spannendes Kapitel zur MP5: Inhalt der Webseite